Konsumsteuerung
Konzerne kaufen unsere Emotionen! Viele Unternehmen investieren mehr Geld in Marketing als für die Produktion ihrer Ware.
Quelle: brand eins
„Red Bull verleiht Flügel“ ist der Werbespruch eines Konzerns, dessen Hauptleistung wohl darin besteht, sich selbst zu vermarkten. Das kann Red Bull ganz gut: sie sponsern zum Beispiel Extremsportler wie Motocross-Fahrer, Freeskier oder einen Felix Baumgartner, der zuletzt mit einem Stratosphären-Sprung sein Leben riskiert hat. Das zu vermittelnde Image: sei jung, dynamisch, am Limit und trinke dabei Red Bull. Das Konzept funktioniert, und zwar sicher nicht (nur), weil der beworbene Energy Drink so gut schmeckt. Bei knapp 14 Milliarden Euro liegt der Markenwert von Red Bull heute. 2009 lag der Umsatz von Red Bull bei 3,3 Milliarden Euro, die Ausgaben für Marketing bei circa einer Milliarde Euro und dagegen die Herstellungskosten für das Brausegetränk bei lediglich 600 Millionen Euro.
Red Bull steht mit solch hohen Marketingausgaben nicht alleine da. Auch Konsumgüterriesen wie Nestlé (u.a. Schöller, Mövenpick, Nescafé, PowerBar, Wagner, Maggi, Herta, Alete) oder Beiersdorf (u.a. Nivea, Hansaplast, Eucerin, 8×4, Labello) investieren in dieser Größenordnung.
Viele Konsumentscheidungen fallen unterbewusst
Wir kaufen Marken, keine Produkte. Oder anders formuliert: Oftmals fällt unsere Wahl auf ein Produkt, weil wir das damit verbundene Image gut finden. Täglich prasseln tausende Werbebotschaften auf uns ein: in der Tageszeitung, in der U-Bahn, im Fernsehen oder beim Surfen im Internet. Entziehen kann man sich dem nur schwerlich, teilweise wollen sich viele dem aber auch gar nicht entziehen – sie identifizierten sich schließlich über Konsumgüter.
Der Coca Cola vs. Pepsi Versuch
Du bist immun dagegen? Sicher? Werbepsychologische Experimente zeigen, dass ein Großteil der Menschen das nicht ist. Ein Beispiel: Der ewigwährende Streit um Coca Cola und Pepsi – was schmeckt eigentlich besser? Eine Glaubensfrage, oder nicht vielmehr eine Frage der Wahrnehmung der beiden Marken im Alltag?
Dass die Präferenz zwischen den beiden Getränken eine reine Frage des Geschmacks ist, widerlegte ein Experiment des Neurowissenschaftlers Read Montague: tranken die Probanden Coca Cola und Pepsi im Blindversuch, favorisierte die Mehrheit den Geschmack von Pepsi. Bei allen war das Belohnungszentrum im Gehirn dort aktiver. Anders sahen die Ergebnisse nach der Offenlegung aus: Coca Cola schmeckte den Probanden besser, die Gehirne freuten sich sozusagen über den Konsum dieser stark positiv besetzten Marke.
Der offensiven und gelungenen Werbung wegen ist die Marke Coca Cola emotional aufgeladen bei uns: viele verbinden sie mit Positivem, ganz unabhängig davon was der Konzern so anstellt – kritische Stimmen bezüglich Ausbeutung in Entwicklungsländer mehren sich nämlich durchaus. Das insgesamt aber positive Image der Marke verwundert aber bei der immensen weltweiten Werbung wenig.
Besonders manipulativ ist das Prinzip „Product Placement“ in Filmen und Serien. Es wird häufiger angewandt, als es uns lieb sein dürfte: die Filmhelden und Vorzeigefamilien trinken Coca Cola, ein Pepsi-Automat steht dagegen im heruntergekommenen Schuppen der Mexikaner-Bande. Wie populär die Methode vor allem in den USA ist, zeigt schon die Länge des zugehörigen Wikipedia-Artikels.
Werbung verführt uns zum Konsum
Werbung beeinflusst uns. Das ist schließlich auch einer ihrer Zwecke. Agenturen rühmen sich damit, besonders gut darin zu sein. Das bedeutet, dass viele unserer Konsumentscheidungen basierend auf Emotionen gefällt werden. Und unterbewusst. Vor allem dann, wenn es um Produkte geht, die wir nicht unbedingt haben müssten. Und die wir trotzdem alle besitzen.
Wir konsumieren täglich, das müssen wir sogar. Es kommt aber darauf an was. Aber viele sehen im Konsum gar kein Problem, sie wollen ausschließlich die Wirtschaft stärken – als propagiertes Allheilmittel unserer Gesellschaft.
Nur ist eine starke Konsumfixierung nicht nachhaltig: Weil die Fabriken mit Strom aus fossilen Brennstoffen laufen, weil dieselbefüllte Lastwägen unsere Konsumgüter liefern und weil zum Beispiel die nicht recyclebaren Überbleibsel – wie Elektroschrott (siehe rehab impuls vom 26.09.2012 hierzu) bisweilen in Entwicklungsländer geschifft werden.
Es ist also höchste Zeit, Werbung zu machen. Und zwar für eine zukunftsfähige Gesellschaft!
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Wir dürfen Werbung nicht verteufeln. Wenn wir uns aber bewusst sind, dass sie in unserem Alltag ständig präsent ist, können wir ihren Einfluss beschränken und hauptsächlich das kaufen was wir wirklich brauchen und wollen. Aber nur, wenn wir uns unabhängig informieren, zum Beispiel bei Verbraucherzentralen.
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Wir sollten immer wieder unsere Kaufentscheidungen überdenken und uns fragen, ob wir das Produkt tatsächlich benötigen oder etwa das Produkt einer anderen Marke (die beispielsweise mehr Geld in die Qualität des Produktes als in das Marketing steckt) nicht doch die bessere Entscheidung wäre.
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Wir können uns die enorme Wirkung von Werbung zu eigen machen und sie positiv nutzen – für eine zukunftsfähige Gesellschaft.
Weiterführende Informationen
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„Die tägliche Verführung“ (Zeit-Artikel 05/2012) beschreibt, wie uns Werbung durch raffinierte Tricks zum Konsum verleitet.
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Die Süddeutsche Zeitung geht der Marke Red Bull auf den Grund (10/2012).
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Der Coca Cola vs. Pepsi Versuch wird im Zeit-Artikel „Der Markt der Neuronen“ beschrieben. Es wird gezeigt, warum Hirnforschung Effekte von Werbung erklären kann (11/2003).
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Wie Kinder durch Werbung verführt werden und wie Eltern ihre Kinder dem Werbedruck entziehen können, zeigt die Bundeszentrale für politische Bildung.
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Ein Beitrag des Medienmagazins Zapp im NDR erläutert das Phänomen „Product Placement“ in Filmen (10/2011).